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Vorwort
Die meisten Redensarten, die wir im täglichen Umgang gebrauchen,
sind uns in ihrer Bedeutung vertraut. Wir verstehen ihren Sinn und
wenden sie ohne weiteres Nachdenken an: »durch Abwesenheit
glänzen; jemandem einen Bären auf binden; etwas auf die lange Bank
schieben; jemandem ein Dorn im Auge sein« und viele andere.
Ein wesentliches Merkmal solcher Redensarten ist, »dass sie nicht
das bedeuteten, was sich aus den Bedeutungen der Einzelwörter zu
ergeben scheint« (Wolf Friederich), dass man sie also nicht wört-
lich auffassen darf. »Ins Gras beißen« bedeutet nicht, dass der
Betreffende ganz konkret in das unter ihm liegende Gras gebissen
hat, sondern dass er, in übertragener Verwendung des ursprüng-
lichen Bildes, im Kampf gefallen, gestorben ist.
Während uns der Sinn dieser und vieler anderer Redensarten (z. B.
»sich winden wie ein Aal«) leicht verständlich ist, weil er sich aus
dem konkreten Zusammenhang ohne Weiteres deuten lässt, gilt
das für andere nicht. Sie können einmal fremden Sprachen ent-
nommen sein, die wir nicht beherrschen, ein andermal liegt ihre
Herkunft für uns im Dunkeln – trotz der deutschen Wörter, die wir
im Einzelnen durchaus verstehen – oder der Ursprung ist nicht
zweifelsfrei geklärt. Mit diesen Redensarten möchte ich mich in
diesem Buch beschäftigen. Die Erklärungen werfen oft interessan-
te Streiflichter auf unsere Kulturgeschichte.
Auf den wissenschaftlichen Streit darüber, was eine Redensart ist,
möchte ich hier nicht eingehen. Für unsere Zwecke genügen die
Bedeutungsangaben der gängigen Wörterbücher: eine häufig ver-
wendete, formelhafte Verbindung von Wörtern, die meist als
selbstständiger Satz gebraucht wird. Es gibt eine Anzahl von Syno-
nymen, die die Sprachwissenschaft penibel zu unterscheiden sucht:
sprichwörtliche Redensart, (feste, stehende) Wendung, Redewen-
dung, Phrase, Floskel, Formel, Ausdrucksweise, Idiom, idiomati-
sche Verbindung und andere mehr.
Im Folgenden bespreche ich in alphabetischer Reihenfolge Redens-
arten, die aus fremden Sprachen stammen oder deren Herkunft
nicht ohne Weiteres verständlich ist.
Rudolf Köster
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Vorwort zur 2. Auflage
»Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich.« Mit
diesen Worten wird in der Bildgeschichte »Max und Moritz« von
Wilhelm Busch (1832–1908) der zweite Streich der beiden Lausbu-
ben im Text angekündigt: Wie viele andere ist dieses Zitat zur
Redensart geworden, mit der man heute eine gelungene Aktion
kommentiert, die als Beginn einer Abfolge weiterer Aktionen ange-
sehen wird.
Ein solcher »erster Streich« war die erste Auflage des »Redensar-
ten«-Taschenbuchs aus dem Jahr 1999, das nun in zweiter, ergänz-
ter Auflage und in überarbeiteter Form vorliegt. Der »zweite
Streich« enthält Erläuterungen zur Herkunft und Bedeutung vieler
neuer Redensarten und präsentiert sich als benutzerfreundliche
und übersichtliche Darstellung. Außerdem entspricht die zweite
Auflage den Regeln der neuen Rechtschreibung, die am 1. 8. 2006
in Kraft getreten sind.
Mannheim, im Juli 2007
Die Dudenredaktion
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A a
Das A und O von etwas sein
die Grundvoraussetzung, der Kernpunkt von etwas, von elementarer
Wichtigkeit für etwas sein: Ursprünglich bedeutete »das A und O«
den Anfang und das Ende von etwas (vergleiche Offenbarung 1, 8:
»Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, spricht Gott
der Herr«). Die Redensart geht darauf zurück, dass im griechischen
Alphabet A(lpha) der erste und O(mega) der letzte Buchstabe
ist.
Ein Aas/Ass auf der Bassgeige sein
berlinisch: sich in etwas sehr gut auskennen, ein Teufelskerl sein: ein
typisches Beispiel für Wendungen, bei denen alle Deutungsver-
suche scheitern.
Ab durch die Mitte!
umgangssprachlich: schnell fort! ; los, vorwärts! : Diese Aufforde-
rung stammt aus der Theatersprache, wo sie wie »ab nach rechts«
und »ab nach links« als Bühnenanweisung gebräuchlich ist.
Ab nach Kassel
umgangssprachlich: schnell weg, fort: Kassel war zur Zeit des ame-
rikanischen Unabhängigkeitskrieges (1775–83) Sammelort der von
ihrem Landesfürsten zwangsrekrutierten und an England verkauf-
ten hessischen Soldaten. Das ist die gängige Erklärung. Da aber
schriftliche Belege erst Ende des 19. Jahrhunderts auftauchen, sind
manche Forscher der Ansicht, dass sich die Wendung auf die
Gefangennahme Napoleons III. im Deutsch-Französischen Krieg
von 1870/71 bezieht. Napoleon III. wurde damals nach Kassel-Wil-
helmshöhe gebracht.
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