Eisenbahn Journal 1996-03.pdf

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Inhalt
Editorial
Eigentlich befassen wir uns hier ja meist mit der Bahn AG. Diesmal
geht’s zur Abwechslung aber um einen anderen ehemaligen Staats-
betrieb, den Postdienst. Er besorgt den Versand des Eisenbahn-
Journals. Dabei diktiert der Monopolist anderen Unternehmen
rücksichtslos seine Firmenpolitik:
Im vergangenen Jahr befand der Postdienst, daß unsere drei Mo-
dellbahn-Ausgaben pro Jahr abonnement-technisch vom normalen
EJ zu trennen seien. Das wäre ja allein noch nicht der Rede wert.
Doch kaum erledigt, bekamen wir zu hören, bei nur drei Ausgaben
sei ein Versand zu vergünstigten Portotarifen nicht möglich. Dazu
bedürfe es zumindest einer weiteren Ausgabe. Also beschlossen
wir, ein eigenständiges Messeheft als vierte Modellbahn-Ausgabe
aus der Taufe zu heben.
Zugegeben, mit diesem Projekt hatten wir uns ohnehin bereits
beschäftigt. Allerdings hätte es für uns durchaus auch bei drei
Modellbahn-Heften im Jahr bleiben können. Die Postdienst-An-
Ordnung zu befolgen, bringt doch erhebliche Mehrarbeit.
Aber damit nicht genug. Kaum war die vierte Modellbahn-Ausga-
be beschlossen, schlug der privatisierte Amtsschimmel schon wie-
der aus: Da das Modellbahn-Abo getrennt vom Normal-EJ erhält-
lich ist, sei gefälligst sein Titel zu ändern. Protest zwecklos. Das
Resultat können Sie auf dem Umschlag unseres Messeberichts
lesen (liegt in zehn Tagen beim Händler oder in Ihrem Briefkasten):
Anstatt wie bisher “EisenbahnJournal-Modellbahn-Ausgabe”heißt
das Heft jetzt ”Modellbahn-Journal”.
Glück für uns, daß dieser griffige Titel nicht schon von einem
Mitbewerber geschützt war. Unsere Folgekosten aus seinen Dikta-
ten, z.B. für größere Sammelordner, interessieren den Postdienst
ohnehin nicht. Oder sollten solche Aktionen das sein, was die
gelben Ex-Beamten unter ”Liberalisierung” verstehen: keine Kon-
kurrenz, keine Kontrolle, keine Hemmungen?
Viel erfreulicher dagegen, was von der DB AG zu hören ist. An den
Fahrgästen sind die 27 Monate seit der Privatisierung ja fast spurlos
vorbeigegangen. Sicher, genaue Beobachtermögen den neuen Keks
und geänderte Lokanschriften bemerkt haben. So steht, wo seit
Eisenbahnergedenken das Bw-Schild Auskunft über die Heimat
einer Lok gab und Assoziationen an Lokschuppen, Drehscheiben
usw. weckte, nun ein steriles “GB Traktion”. In den Fahrplänen
aber war von der neuen Zeit wenig zu spüren.
Doch nun geht die alte Staatsbahnepoche auch hier ihrem Ende
entgegen. Die Regionalisierung sorgt dafür, daß vielerorts Züge zu
Zeiten rollen, an denen reisewillige Bahnfahrer bisher nur genervt
auf leere Bahnsteige blickten.
Für Bayern fiel der Startpfiff in die Länderbahn-Renaissance am 27.
Januar im Bahnhof Nürnberg Nordost. Auf Order der Bayerischen
Eisenbahn-Gesellschaft schickt die DB statt mageren fünf nun elf
Reisezugpaare pro Tag zu kundenfreundlichen Zeiten auf die Reise
nach Gräfenberg und zurück. Ein Plus von satten 120 Prozent.
Zudem gibt es - man höre und staune - wieder Wochenendbetrieb
(sieheBahn-Notizen).Landes-VerkehrcministerOtto Wiesheu nahm
die Gelegenheit wahr, persönlich den historischen Kellenschwenk
zu tätigen.
Was der Mann aus dem Münchner Ministerium da tatsächlich in
Bewegung setzte, war allerdings alles andere als ein Aushänge-
schild der neuen Epoche:Eine Hofer 211 mit einer Handvoll Silber-
linge bildete den Zug in die Zukunft. Angegraute Konstruktionen
der 50er Jahre mit gut 30 Lenzen Schienenerfahrung. Zum Ver-
gleich: Wäre man 1971 mit ähnlichem Material ins IC-Zeitalter
gestartet, hätte die damalige Garnitur wohl aus einer 012 mit
Schürzenwagen bestanden. Dank Dampflok hätte die freilich noch
einen gewissen Sympathie-Effekt erzeugt.
Die Rübelandbahn
6
Vor 110 Jahren eröffnet - 30 Jahre voller elektrischer Betrieb
Unglaubliches aus dem Eisenbahnmuseum Nördlingen:
Bayerns S 3/6 - die >AJnsterbliche<<
Die Regionalisierung hat begonnen:
Nahverkehr unter neuer Regie
16
22
Entschieden wird dezentral:
Regionalisierung in Nordrhein-Westfalen
Zwiesel, Bodenmais etc.:
Ferienzüge in den Bayerischen Wald
ostwärts
Impressionen von der Strecke Berlin - Küstrin
Bahn-Technik, Teil 3
Die dieselhydraulische Kraftübertragung
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32
36
40
I
Anlagen-Metamorphose
Wie aus -Ober-Trautenau- ..Kapfenberg<( wurde
Vorschlag für eine ungewöhnliche HO-/Hof-Anlage
Feldbahn mit Lift
I
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Die Weinert-T g3
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Messing-Bausatz der 91er in vier Versionen
Unterwegs im Ost-Erzgebirge, Teil 2
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von Christian Schneider
Versuchslok >>12X-der ehemaligen AEG und Modelle
Eine Mutter - viele Kinder
Reichsbahn-Wagen - selbstgebaut
Die >.Paten-
Verkehrshaus Luzern
If you’re going to San Francisco _..
Familienhilfe
Roco-BR 80 mit Model-Loco-Teilen der BR 81 gesupert
Keilbahnhof mit Schleife
HO/HOm-Heimanlage >>Hainichen<(
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90
94
I Thema eingleisige Nebenbahn in N
Pikos böhmisches Prachtstück
BR 180 der DR in HO
Märklins eierlegende Wollmilchsau
Alpha-Spielbahn stand Pate für C-Gleis
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I
Bahn-Notizen
Fachhändler-Adressen
Impressum
Bücherecke
Typenblatt: Baureihe 23 der DR
Typenblatt: Baureihe 62 der DR
Schaufenster der Neuheiten
Mini-Markt
Bahn-Post
Sonderfahrten und Veranstaltungen
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Titelbild: Seit Mitte Dezember 1995 kommt es auf der Selketal-
bahn wieder zum planmäßigen Einsatz einer Mallet-Dampfloko-
motive: 99 5906 mit Zug 8957 Gernrode - Harzgerode bei der
Ausfahrt aus dem Bahnhof Alexisbad am 29. Dezember 1995.
(Siehe hierzu auch Bahn-Notizen.) Abb.: M. Reder
Ihre EJ-Redaktion
5 - Eisenbahn-Journal3/1996
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Nur wenige Kilometer östlich von Drei Annen Hohne, dem Ausgangspunkt der
Brockenbahn, hat der Harz eine weitere interessante Nebenbahn zu bieten, die
mit Steigungen bis 1:16,6, einer Spitzkehre in Michaelsteinund elektrischem
Betrieb mit 50 Hd25 kV-Einphasen-Wechselstromeinige technische Besonder-
heiten aufweist - die Rübelandbahn Blankenburg - Königshütte, landschaft-
lich nicht minder reizvoll gelegen. Seit jeher lag das Hauptgeschäft dieser Bahn
im Güterverkehr, dessen ständige Zunahme immer wieder zu völlig neuen
technischen Lösungen zwang. Nach dem 30. Dienstjubiläum ihrer 50-Hz-Elloks
der Baureihe 171 (Ex-DR-251) im letzten Jahr wartet die Rübelandbahn heuer
mit zwei weiteren Jubiläen auf: dem 110. Jahrestag der Streckeneröffnung
und dem 30. Jahrestag der Aufnahme des vollen elektrischen Betriebs.
N tischen Verhältnisse quasi herrenlo-
och vor rund eintausend Jahren war
der Harz wegen seiner schlechten
Zugänglichkeit und der rauhen klima-
verfahren, den leichten Zugang zur Stein-
kohle und zur Eisenbahn war man dort
Mittedes 19. Jahrhunderts in einem erheb-
lichen Wettbewerbsvorteil. Der braun-
schweigische Staat trennte sich von sei-
nen Hochöfen, Hammer- und Walzwerken,
Gießereien und Maschinenfabriken im Rü-
belandund verkaufte sie neben den Erzfel-
dern in Hüttenrode, Tanne und Zorge an
das Bankhaus Eltzbacher in Köln, das im
Jahre 1870 die Harzer Werke AG und die
Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn
(HBE) gründete. Mit dem Bau der sowohl
über braunschweigisches als auch preußi-
sches Territorium verlaufenden Bahnlinie
von Halberstadt nach Blankenburg wurde
noch im selben Jahr begonnen; die Eröff-
nung fand am 31. März 1873 statt.
Ein Jahr zuvor wurde der Bau eines moder-
nen, koksgefeuerten Hochofenwerks in
Blankenburg und einer normalspurigen Ei-
senbahn vom Hüttenroder Erzfeld bei Brau-
nesumpf dorthinbeschlossen. InErmange-
sec Gut und “Bannforst” der deutschen
Kaiser. Als jedoch wichtige Rohstoffe wie
Kupfer, Blei, Silber, Eisen, Kobalt und an-
deres entdeckt wurden, nahmen sich die
jeweiligen Landesherren und Klöster das
Recht des Eigentums an den wirtschaftlich
verwertbaren Bodenschätzen, und im 13.
Jahrhundert fand die bisherige Bergfrei-
heit ihr Ende. Um 1450 gewannen der Ab-
bau und die Verhüttung von Eisenerz die
Oberhand im Ostharz, und als im 16. Jahr-
hundert die Hochofentechnik erfunden
wurde, entstanden wegen der benötigten
Wasserkraft der Hüttenwerke entlang der
Bode u.a. die Ortschaften Rübeland, Neu-
werk und Altenbrak.
Die Eisenproduktion des Ruhrgebiets
brachte die Harzer Hütten in starke Be-
drängnis, denn durch das neue Thomas-
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h
sten traf er in Paris auf den Schweizer In-
genieur Roman Abt, der ein neues Lamel-
len-Zahnstangensystem entwickelt hatte
und selbst nach einem ersten Projekt Aus-
schau hielt. Die beiden Ingenieurewurden
sich schnell einig. Gegenüber den Eigen-
tümern der HBE konnte Albert Schneider
das Abtsche Zahnstangensystem durch-
setzen, so daß die außerordentlicheHaupt-
versammlung am 8. April 1884 einstimmig
den Bau einer Harzbahn Blankenburg -
Rübeland - Elbingerode-Tanne beschloß.
Mit den ersten Arbeiten wurde noch im
Sommer 1884 begonnen.
Die kombinierte Adhäsions- und Zahnrad-
bahn mit der Spitzkehre Michaelsteinwur-
de am 1. November 1885 bis Rübeland
fertiggestellt. In Etappen folgten die Ver-
längerungen nach Elbingerode (1. Mai
1886), Rothehütte, dem heutigen Königs-
hütte (1. Juni 1886), bis zur Inbetriebnah-
me der Gesamtstrecke nach Tanne am 15.
Oktober 1886 mit insgesamt elf Zahnstan-
genabschnittenmit einer Gesamtlängevon
rund 7,5 km. Das Provisorium der Erzstu-
fenbahn konnte 1885 aufgegeben werden.
Zur Erstausstattung der Harzer Gebirgs-
bahn gehörten vier C1'/bn4-Lokomotiven,
die die Maschinenfabrik Esslingen 1885
mit den Fabriknummern2084 bis 2087 an
die HBE auslieferte. Die Maschinenwaren
der preußischen Bauart T 26 sehr ähnlich.
Die wirtschaftliche Entwicklung gedieh
prächtig, so daß von 1887 bis 1907 sieben
weitere T 26 und 1914 noch eine D-gekup-
pelte Zahnradlok von der Maschinenfabrik
Esslingenfür die HBE gebautwerden muß-
ten, denn es galt inzwischen, 18 Anschlie-
ßer mit zusammen rund 8 km Gleislänge
zufriedenzustellen!
Das Lamellen-Zahnstangensystem des
Konstrukteurs Abt bewährte sich außeror-
dentlich gut und fand zahlreiche Käufer
rund um den Erball. Die steiermärkische
Erzbergbahn dürfte den Lesern am be-
kanntesten sein, war doch auf ihr der
schwere Güterzugdienst im Steilstrecken-
betrieb mittels Zahnstange und Dampflo-
komotiven vor rund 20 Jahren noch zu be-
wundern! Kurz vor Ausbruch des Ersten
Weltkriegs war die Dukhlässigkeit der
Harzbahn mit täglich gut 50 Güterzügen,
die auch inder Nachtfuhren, erschöpft und
eine Leistungssteigerung nur durch eine
kürzere Fahrzeit bzw./und Erhöhung der
Zuglast möglich.
Anfang 1917 bestellte die HBE bei Borsig
eine 1'El'-Tenderlokomotive, zunächst
noch für den Einsatz auf den HBE-Tal-
strecken gedacht, dann aber in Zusam-
menarbeit des Borsig-Chef-Konstrukteurs,
August Meister, und des HBE-Direktors,
lung besserer Technik wurde die Bahn in
vier getrennten Stufen terrassenförmigan-
gelegt, wobei auf jeder Stufe eine kleine, in
Zorge gebaute Dampflokomotivetätig war.
Eine fünfte baugleiche Lok diente der Re-
serve. Eine Eisenbahnverbindung zwi-
schen dem Hochofen in Blankenburg und
der HBE wurde 1875 bahn- und landespo-
lizeilich abgenommen. Bereits in dieser
Zeit gab es verschiedene Pläne, die Har-
zer Werke in Rübeland an die Eisenbahn
anzuschließen, und auch die Ortschaften
Rübeland, Hüttenrode, Neuwerk und Tan-
ne sandten Bittschriftenan das Herzogtum
Braunschweig. Die preußischeStadt Elbin-
gerode äußerte ebenfalls Interesse an ei-
ner Anbindung an den Schienenstrang.
Kaufmännische Zwänge ließen in dieser
Zeit zwar technisch machbare, aber bau-
lich nur äußerst kostspielig realisierbare
Trassierungen ausscheiden. Der in Trau-
tenstein im Harz geborene Ingenieur Al-
bert Schneider, erster Betriebsdirektorder
HBE, kam bei seinen Projektstudien zu
dem Ergebnis, daß alle bislang bekannten
Zahnradbahnsystemeals Ausweg aus dem
Verkehrsdilemma nicht die gewünschte
Problemlösung bringen konnten. Auf der
Suche nach einem geeigneten Konstruk-
teur für einen kombinierten Zahnstangen-
und Adhäsionsbetrieb mit schweren La-
Eisenbahn-Journal3/1996 - 8
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Zgłoś jeśli naruszono regulamin