Keyserling, Eduard von - Das Landhaus.pdf

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Das Landhaus
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Eduard von Keyserling
Das Landhaus
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Eduard von Keyserling
Das Landhaus
(1913)
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littera scripta manet
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Eduard von Keyserling
(15.05.1855 – 28.09.1918)
1. Ausgabe, Juni 2006
© eBOOK-Bibliothek 2006 für diese Ausgabe
© Brad Harrison 2006 für das Titelbild
D
er Ball war zu Ende. Graf Egon stand an der Tür des
Saales, um sich von seinen Gästen zu verabschieden. Den
Kopf mit der hohen blanken Stirn, dem leicht ergrauten
Haar ein wenig zurückgebogen, stand er da, sehr gerade
und korrekt, nur das Lächeln, welches er einem jeden sei-
ner Gäste zum Abschied schenkte, hatte etwas Mechani-
sches und zeigte, daß der Graf müde war. Nicht weit von
ihm stand seine Frau Alda. Sie sah sehr jung aus im nil-
grünen Kleide mit den Granatblüten im schwarzen Haare,
aber ihr Gesicht war von demselben matten, durchsichti-
gen Weiß wie ihre Schultern und ihre Arme, es war weiß
bis in die Lippen. Sie reichte den Herren die Hand, sie
küßte die Damen; sie lächelte, ihre Augen jedoch schienen
an all dem nicht teilzunehmen, schienen all die Gestalten,
die vor ihnen ab und zu gingen, nicht zu sehen, so unbe-
wegt und glanzlos dunkel schauten sie aus dem blassen
Gesichte heraus. Jetzt trat der Leutnant von Rembow mit
seiner Braut am Arm auf Alda zu. Der Leutnant war wie
immer feierlich, von jener Feierlichkeit, die ihm die strenge
Schönheit seines Gesichtes, die Pracht seiner vornehmen
Gestalt aufzuerlegen schienen. Seine Braut war klein und
blond mit einem Stumpfnäschen, und ganz in Rosa geklei-
det, sah sie aus wie eine Pensionärin. Der Leutnant beugte
sich über Aldas Hand und küßte sie, und die kleine rosa
Braut schaute glücklich zu Alda hinauf und sagte: „Also,
Sie wollen morgen wirklich fort, ganz fort in Ihre ländliche
Einsamkeit?“ — „Ja,“ erwiderte Alda, „ich will mich erho-
len.“ — „Nicht wahr, eine Idee,“ mischte sich Graf Egon in
das Gespräch, „ich habe meiner Frau schon gesagt, sie soll
bei uns anderen bleiben.“ Der Referendar von Hübner, der
neben Alda stand, begann zu kichern, weil er einen Witz
machen wollte. „Ja,“ meinte er, „ich kann das nachfühlen,
wie einen so plötzlich die Sehnsucht ergreift, ein wenig
weit von uns anderen zu sein.“
Alda lächelte nur matt, der Leutnant Rembow blieb
ernst und schaute auf seine Stiefelspitzen nieder, er schlug
die Augen auch nicht auf, als seine Braut kokett zu ihm
emporblickte und sagte: „Ach ja, etwas Einsamkeit ist zu-
weilen herrlich.“
Nun waren sie alle fort, Alda ging schnell zu einem Ses-
sel, um sich hineinzuwerfen, als könne sie vor Müdigkeit
keinen Augenblick mehr stehen. Sie lehnte den Kopf zu-
rück, schloß die Augen, und ließ die Arme schlaff nieder-
hängen. Auch der Graf setzte sich; sein Gesicht, als sei es
froh, nicht mehr lächeln zu müssen, nahm einen ältlichen,
grämlichen Ausdruck an. „Also, du willst morgen wirklich
aufs Gut hinaus, quelle idée!“ sagte er. „Um diese Jahres-
zeit, ungeheizte Zimmer! Du nimmst doch wenigstens die
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