Goodkind, Terry - Das Schwert der Wahrheit 08 - Der Tempel der vier Winde.pdf

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Der Tempel der vier Winde
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Der Tempel der vier Winde
Das Schwert der Wahrheit
Buch 8
Terry Goodkind
Scan: Sonnenbrille
Korrektur: legolas
1. Kapitel
Endlich gelang es Kahlan, Nancy und ihre Helferin fortzuschicken,
indem sie ihnen erklärte, sie sei erschöpft und wolle nichts weiter als zu
Bett gehen. Das Angebot, ein Bad zu nehmen, sich das Haar bürsten, sich
massieren oder sich etwas zu essen bringen zu lassen, schlug sie ab, mit
ihrem Kleid ließ sie sich jedoch von Nancy helfen, um bei der Frau keinen
Verdacht zu erregen.
Endlich alleine, rieb sich Kahlan in der Kühle die nackten Arme. Sie
betastete ihre Wunde unter dem Verband. Die war gut verheilt und
schmerzte kaum noch. Dazu hatte Drefan seinen Teil beigetragen, und
wahrscheinlich hatten auch Nadines Umschläge etwas genutzt.
Kahlan streifte einen Morgenrock über und ging zu dem Schreibtisch
neben einem der Kamine. Dort war es angenehm warm, aber nur von einer
Seite. Einer Schublade entnahm sie Papier und Feder. Während sie den
silbernen Deckel des Tintenfasses abnahm, versuchte sie ihre Gedanken
und das, was sie schreiben würde, zu ordnen.
Richard, mein Liebster,
ich habe etwas Wichtiges zu erledigen, und ich muß es alleine tun. Es
ist mir ernst damit. Nicht nur aus Achtung vor Dir, sondern auch, weil
Du der Sucher bist, begrüße ich, was Du tust, obwohl ich es mir
gelegentlich anders gewünscht hätte. Ich bin mir darüber im klaren,
daß ich Dir manchmal erlauben muß, das zu tun, was Du tun mußt.
Ich bin die Mutter Konfessor, deshalb solltest Du verstehen, daß auch
ich manchmal tun muß, was ich tun muß. Dies ist so ein Fall. Ich
flehe Dich an, wenn Du mich liebst, dann respektiere meine
Wünsche, misch Dich nicht ein, und laß mich tun, was ich zu tun
habe.
Cara habe ich getäuscht, was ich sehr bedauere. Sie weiß nicht, was
ich vorhabe und daß ich fortgehe. Ich würde äußerst ungehalten sein,
solltest Du sie dafür zur Rechenschaft ziehen.
Wann ich zurückkehre, weiß ich nicht. Vermutlich werde ich ein paar
Tage abwesend sein. Ich tue dies, um unsere Situation zu verbessern.
Hab bitte Verständnis, und sei nicht zu böse auf mich – mir bleibt
keine andere Wahl. Unterzeichnet, die Mutter Konfessor, Deine
Königin, auf ewig Deine Liebe in dieser Welt und der danach –
Kahlan.
Kahlan faltete den Brief zusammen und schrieb Richards Namen darauf.
Dann öffnete sie ihn und las ihn noch einmal durch, um sich zu
vergewissern, daß sie nichts verraten hatte, was er nicht erfahren sollte. Die
Formulierung ›um unsere Situation zu verbessern‹ gefiel ihr. Das war so
vage und konnte alles mögliche bedeuten. Sie hoffte, nicht zu schroff
darauf bestanden zu haben, er dürfe sich nicht einmischen.
Schließlich zog sie eine Kerze heran und erhitzte das Ende eines
Siegelwachsstiftes, den sie der Schublade entnommen hatte. Sie
beobachtete, wie das Wachs auf den Brief tröpfelte und eine rote Pfütze
bildete, dann drückte sie das Siegel der Mutter Konfessor – den
Doppelblitz – in das warme Wachs. Sie küßte den Brief, blies die Kerze
aus und lehnte den Brief dagegen, so daß man ihn unmöglich übersehen
konnte.
Früher war ihr nie recht klar gewesen, warum das Siegel der Mutter
Konfessor ein Doppelblitz war, jetzt aber wußte sie es. Er stand für das
Symbol des Con Dar – des Blutrausches –, eines Bestandteils der Magie
eines Konfessors aus grauer Vorzeit. Einer Magie, die so selten
heraufbeschworen wurde, daß sie ihr völlig unbekannt gewesen war.
Kahlans Mutter war gestorben, bevor sie ihr hatte beibringen können, wie
man den Con Dar im Notfall einsetzte.
Gleich nachdem sie Richard begegnet war und sich in ihn verliebt hatte,
hatte sie den Con Dar instinktiv heraufbeschworen. Unter dem Einfluß
dieser Magie hatte sie sich zur Warnung, sich ihr nicht in den Weg zu
stellen, einen Blitz auf jede Wange gemalt. Mit einem Konfessor im
Blutrausch war eine vernünftige Auseinandersetzung nicht möglich.
Der Blutrausch war die subtraktive Seite der Magie eines Konfessors,
die zur Rache heraufbeschworen wurde. Kahlan hatte darauf
zurückgegriffen, als sie der Überzeugung war, Darken Rahl habe Richard
umgebracht. Er konnte nur zugunsten eines anderen Menschen entfesselt
und ausschließlich dazu eingesetzt werden, diesen Menschen zu
beschützen. Sich selber konnte sie damit nicht verteidigen.
Wie ihre Konfessorenkraft, die sie stets tief in ihrem Innern gespürt
hatte, war inzwischen auch der Con Dar gleich unterhalb der Oberfläche
allzeit gegenwärtig: eine drohende Gewitterwolke über dem Horizont. Als
sie ihn brauchte, um Richard zu beschützen, hatte sie augenblicklich
gespürt, wie er sie durchfuhr: ein bläulicher Blitz, der alles zerstörte, was
sich ihm in den Weg stellte.
Ohne die Subtraktive Magie in Verbindung mit der verbreiteten
Additiven konnte niemand in der Sliph reisen. Sowohl die Schwestern der
Finsternis als auch jene Zauberer, die zu Günstlingen des Hüters geworden
waren, waren in der Lage, diese Form der Magie anzuwenden.
Kahlan betrat ihr Schlafgemach. Sie streifte den Morgenrock ab und
warf ihn aufs Bett. Sie zog die unterste Schublade ihrer reich verzierten
Kommode auf und wühlte in ihren Sachen nach dem Gegenstand, den sie
benötigte.
Drinnen lagen die Kleider, die sie früher auf ihren Reisen getragen hatte
und die für ihr Vorhaben besser geeignet waren als das weiße Kleid der
Mutter Konfessor. Sie stieg in ihre grüne lange Hose. Dann nahm sie ein
festes Hemd heraus, zog es über und knöpfte es mit zitternden Fingern zu.
Sie stopfte das Hemd in die Hose und schloß den breiten Gürtel. Die
Hüfttasche ließ sie zurück.
Ganz hinten aus der Schublade holte Kahlan einen in ein Rechteck aus
weißem Stoff gewickelten Gegenstand hervor. Sie legte ihn auf den Boden,
beugte sich über ihn und schlug die Ecken des Tuches zurück.
Obwohl sie wußte, was es war und wie es aussah, konnte sie nichts
dagegen machen: Sie fröstelte, als sie es jetzt wiedersah.
Auf dem Tuch lag das Knochenmesser, das Chandalen ihr vermacht
hatte. Es handelte sich um eine aus dem Armknochen seines Großvaters
hergestellte Waffe.
Das Messer hatte ihr bereits einmal das Leben gerettet. Sie hatte Prindin
damit getötet, einen Mann, der ihr Freund gewesen war, sich später aber
dem Hüter zugewandt hatte.
Zumindest glaubte sie, ihn getötet zu haben. Sie erinnerte sich nicht
mehr genau, was an jenem Tag geschehen war. Damals hatte sie unter dem
Einfluß eines Giftes gestanden, das Prindin ihr verabreicht hatte. Sie war
nicht vollkommen sicher, ob nicht vielleicht doch die Seele von
Chandalens Großvater sie gerettet hatte. Prindin hatte sich auf sie
geworfen, und plötzlich, so schien es, hatte sie das Messer einfach in der
Hand. Sie wußte noch genau, wie sein Blut am Messer herabgelaufen und
ihr über das Handgelenk getropft war.
Tiefschwarze Rabenfedern breiteten sich fächerförmig von der runden
Knochenverdickung am oberen Ende aus. Raben standen bei den
Schlammenschen für mächtige Seelenmagie. Man brachte sie mit Tod in
Verbindung.
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