newcomer_003 Weltmeistertitel ohne Glanz.pdf

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Ausgabe 3
newcomer
März 2009
Weltmeistertitel ohne Glanz
Katrin Eggert*
Seit Jahren verkaufen
deutsche Unternehmen
mehr Waren ins Aus-
land als Betriebe ande-
rer Länder. Doch wegen
der Finanzkrise geht die
Anzahl der Exporte jetzt
zurück.
W as unsere Fußball-
helden alle vier
Jahre aufs Neue mit
viel Kampfgeist und
Elan versuchen,
schaffen die deut-
schen Unternehmen
Jahr für Jahr schein-
bar mit links: Sie holen
den Titel. „Deutschland
ist Export-Weltmeister“,
melden die Medien je-
des Jahr aufs Neue. Fast
schon selbstverständlich
ist dieser Titel inzwischen
für die Deutschen, gerade so
als hätten sie ein Abo darauf.
Immerhin haben deut-
sche Unternehmen 2008 be-
reits das sechste Jahr in Folge
mehr Waren ins Ausland ver-
kauft als Betriebe in anderen
Ländern. Laut Statistischem
Bundesamt wurden Güter im
Rekordwert von 994,9 Mrd.
Euro ausgeführt. Die Ex-
portwirtschaft ist daher sehr
wichtig für Deutschland. Sie
macht fast die
Hälfte des Bruttoinlandspro-
dukts (siehe Seite 8) aus. Viele
Branchen sind sehr abhängig
davon, dass das Geschäft im
Ausland gut läuft. Vor allem
Autos, Mwaschinen, chemi-
sche und Metallerzeugnisse
„made in Germany“ sind in
der ganzen Welt begehrt und
bescherten den Unternehmen
in den letzten Jahren gute
Umsätze.
Doch die Freude über den
Weltmeister-Titel ist in die-
sem Jahr getrübt. Nicht nur,
dass China Deutschland ganz
dicht auf den Fersen ist. Viel
schwerer wiegt, dass die Auf-
träge und somit auch die Ex-
porte aufgrund der weltweiten
Finanz- und Wirtschaftskrise
zurückgehen. Die Stimmung
ist daher in vielen Branchen
gedämpft, und viele Menschen
fürchten um ihre Arbeitsplät-
ze (siehe auch Seite 6). Keiner
kann vorhersagen, wie
es mit der Wirtschaft wei-
tergeht. Ziemlich sicher ist
nur, dass in den kommenden
Monaten deutlich weniger
Schiffscontainer deutsche
Produkte in die Welt bringen
werden. Bleibt also zu hoffen,
dass 2010 nicht nur Ballack
und Co. den Pokal in Südaf-
rika holen, sondern auch die
deutsche Wirtschaft einen
WM-Titel gewinnt, der für
Entspannung sorgt.
* Katrin Eggert ist Geschäftsführerin des
Instituts für Ökonomische Bildung (IÖB).
Musikbranche
Der Einl uss des Internets
Schüler schreiben
Erste Berufserfahrung
durch Praktika
SEITE 7
SEITE 5
www.handelsblattmachtschule.de/newcomer
Illustration: C. Wiesen, S. Janzso, S. Müller, S. Persuhn; Foto: Corbis
Deutsche Unternehmen sind traditionell sehr stark im Export – bis jetzt
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2 Handelsblatt Thema
März 2009, Nr. 3 | H
Drei Fragen an:
Michael Best
Moderator der Sendung
„Börse im Ersten“
Bulle und Bär stehen für steigende und sinkende Kurse.
Ist die Börse Ursa-
che oder Barometer
für die Finanzkrise?
Die Börse gibt uns
Auskunft darüber,
wie es unserer Wirt-
schaft geht. Sie kann daher gut mit
einem Barometer verglichen wer-
den. Natürlich gibt es auch Wechsel-
wirkungen zwischen der Börse und
der realen Wirtschaft. Aber die Ur-
sachen für diese Krise sind eindeutig
im Bankensystem und an den Immo-
bilienmärkten zu i nden. Das hatte
nichts mit dem Börsenhandel zu tun.
Die Börse spielt hier lediglich die Rol-
le des Überbringers der schlechten
Nachrichten.
unbeka nnte Wesen
Zukunftsprognosen werden immer
weniger abgegeben. Warum?
Es herrscht eine extreme Unsicher-
heit an der Börse. Im vergangenen
Jahr haben Entwicklungen statt-
gefunden, die sich kaum jemand
vorstellen konnte. Wenn sich die
weltweite Wirtschaftskrise ähnlich
fortsetzt, ist es ganz schwierig, Vor-
hersagen zu machen. Die Sicherheit,
dass man in absehbarer Zeit aus der
Krise auch wieder herauskommt, ist
im Moment einfach nicht da.
sche Aktienindex (Dax) um kurz vor
acht Uhr abends. Unmittelbar vor der Ta-
gesschau bringt die ARD Deutschlands
bekanntesten Börsenindex in die Wohn-
zimmer. Der Dax zeigt an,
wie sich die Aktien der 30
wichtigsten deutschen Un-
ternehmen entwickeln – ob
ihr Wert steigt oder fällt.
Er ist daher auch eine der
wichtigsten Messgrößen
für den Zustand der deut-
schen Wirtschaft. In einem Lauf band
am unteren Bildrand in der „Börse im
Ersten“ huschen zudem die aktuellen
Kurse vieler deutscher Unternehmen
durchs Bild. Sie geben an, wieviel Euro
ein Käufer aktuell für eine einzelne Ak-
tie zahlen müsste.
So bekannt die Bilder von der Bör-
se sind, so undurchsichtig erscheint vie-
len das dortige Treiben. Kein Wunder:
Nicht nur, dass Wertpapiere wie Aktien
an sich schon schwer greif bar sind. Wer
eine Aktie kauft, bekommt nämlich in
der Regel kein anfassbares Papier. Die
Aktie bescheinigt dem Inhaber ledig-
lich das Recht, dass ihm ein bestimmter
Anteil an einem Unternehmen zusteht.
Hinzu kommt, dass die Entwicklung
der Aktienkurse heutzutage enorm vie-
len Einfl üssen unterliegt, über die auch
Proi s bisweilen den Überblick verlieren
(siehe auch Interview rechts). In der öf-
fentlichen Wahrnehmung
gelten Aktien daher oft als
sehr riskant – eine Mei-
nung, die sich verstärkt
hat, weil viele Aktienkur-
se seit eineinhalb Jahren
kontinuierlich fallen.
Ganz gerecht wird
man Aktien damit aber nicht. In ihrer ur-
sprünglichen Bedeutung haben sie näm-
lich mit riskanten Spekulationen (siehe
Seite 8) nichts zu tun. Sie sind zunächst
einmal eine Finanzierungsform für Un-
ternehmen. Wenn diese an die Börse ge-
hen – sich also entschließen, Anteile an
ihrem Unternehmen in Form von Aktien
an Privatpersonen oder andere Unterneh-
men zu verkaufen – erhalten die Firmen
Aktien be-
scheinigen dem
Inhaber Anteils-
rechte am Unter-
nehmen.
Aktionäre haben viel Geld verloren.
Würden Sie sagen, dass die Börse
ungerecht ist?
Als Aktionär beteilige ich mich an
einem Unternehmen. Nur wenn das
Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg
hat, steigen die Aktienkurse. Und
nur dann kann ich als Aktionär auch
mit Gewinnen rechnen. Beteilige ich
mich dagegen an einem erfolglosen
Unternehmen oder gehe ich Risiken
ein, die ich nicht tragen kann, habe
ich Pech gehabt. Das klingt hart, ist
aber das Risiko der Börse.
Die Fragen stellte Michael Koch,
wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Institut für Ökonomische Bildung (IÖB).
Das ausführliche Interview unter:
www.handelsblattmachtschule.de/newcomer
Fotos: Crocodile/Montage, ARD-Pressefoto
www.handelsblattmachtschule.de/newcomer
Das ABC der Börse
Die Aktie, das
Ralf Drescher*
Das Geschehen auf den Aktienmärk-
ten hat einen riesigen Einfl uss auf die
Wirtschaft und umgekehrt. Für Bör-
senanfänger sind die Entwicklungen
oft schwer nachvollziehbar.
S einen großen Auftritt hat der Deut-
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Handelsblatt Thema
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Kapital (siehe Seite 8), mit dem sie das
eigene Geschäft erweitern können. Im
Gegenzug beteiligen sie ihre Geldgeber,
also die Aktionäre, am Unternehmens-
erfolg. Die meisten Aktiengesellschaften
schütten jedes Jahr einen bestimmten
Teil ihres Gewinns als sogenannte Divi-
dende an die Aktionäre aus.
Die Ursprünge der Aktie reichen
weit zurück. Bereits 1288 konnten In-
vestoren Anteile an einer schwedischen
Kupfermine über Aktien erwerben. In
Deutschland fiel der Startschuss gut
500 Jahre später. Im Jahr 1809 brachte
die Dillinger Hütte als erstes deutsches
Unternehmen Aktien heraus.
Heute ist das Angebot enorm: An
der Frankfurter Börse, dem wichtigsten
Wertpapierhandelsplatz in Deutschland,
sind die Aktien von mehr als 1 000 deut-
schen Unternehmen notiert. Das heißt:
Wie auf einem richtigen Markt wird hier
mit Aktien gehandelt. Anleger kaufen die
Papiere in der Hoffnung, sie später für
einen besseren Preis wieder verkaufen
zu können. Die Börsen bringen Aktien-
käufer und -verkäufer zusammen, ermit-
teln fortlaufend die aktuellen Preise und
sorgen dafür, dass der Handel reibungs-
los funktioniert.
Seit einiger Zeit dominieren Com-
puter den Börsenhandel. Binnen Millise-
kunden wickeln Programme Kauf- und
Verkaufsaufträge elektronisch ab. Für
Anleger hat das große Vorteile: Sie kön-
nen schnell auf aktuelle Entwicklungen
Börsentafel
enspekulationen lebt. Weltweit gibt es
Tausende von Firmen, die kontinuierlich
Aktien kaufen und verkaufen.
Für Privatanleger wird der Börsen-
handel damit zunehmend undurchsich-
tiger. Sie schauen bei der Aktienauswahl
vor allem auf den Unternehmenserfolg.
Die Idee dahinter: Wirtschaftet eine
Firma erfolgreich und erzielt Gewinne,
sind mehr Anleger an deren Aktien inte-
ressiert. Die Nachfrage steigt und damit
auch der Wert der Aktie. Proi -Anleger
verlassen sich dagegen beim Aktienkauf
immer häui ger auf ausgeklügelte Com-
putermodelle: Sobald bestimmte Kurse
über- oder unterschritten werden, wird
PC-gesteuert ge- oder verkauft. Das wie-
derum führt zu heftigen Kursverände-
rungen, für die es aus Sicht des Börsen-
laien häui g keine Erklärung gibt.
Zuletzt waren aber auch die Exper-
ten oft ratlos. Die Finanzkrise hat vielen
Proi s derbe Verluste beschert, und noch
ist ein Ende der Börsen-Talfahrt nicht
absehbar. Sicher ist nur eines: Für den
Erfolg an der Börse braucht es vor al-
lem Geduld. Denn ein Blick in die Ver-
gangenheit zeigt, dass oft diejenigen die
höchsten Gewinne erzielt haben, die ihre
Aktien lange behalten und nicht sofort
wieder verkauft haben.
Dass der nächste Aufschwung an
der Börse kommen wird, ist klar. Die
Frage ist nur, wann.
reagieren und über Internet-Banken
(siehe Seite 8) Aktien jederzeit kaufen
und verkaufen.
Andererseits hat die Automatisie-
rung des Börsenhandels zu einer mas-
siven Zunahme der Spekulation an der
Börse geführt. Die ständige Verfügbar-
keit von Kursen und der extrem leichte
Zugang zum Börsenhandel von überall
auf der Welt hat eine ganze Industrie
hervorgebracht, die allein von Akti-
* Ralf Drescher ist Teamleiter des Ressorts Finanzen bei
Handelsblatt.com.
Berufsbild Börsenmakler
mit sich. Schließlich kann sich
kein Händler erlauben, die in-
ternationalen Entwicklungen
außer Acht zu lassen. Ab neun
Uhr wird an deutschen Börsen
gehandelt. Von 15.30 bis 22 Uhr
mitteleuropäischer Zeit hat die
Börse an der New Yorker Wall
Street geöff net. Wild gestiku-
lierende und durcheinander
schreiende Menschen, wie sie
oft in Filmen zu sehen sind,
sucht man heute in Börsensä-
len vergebens. Seit Einführung
der Computer reicht ein Maus-
klick, um eine Aktie zu kaufen
oder zu verkaufen.
Wer sich für die Tätigkeit inte-
ressiert, sollte entscheidungs-
freudig, teamorientiert und
belastbar sein. Mehrere Wege
führen zum Berufsziel. Eine
Banklehre und ein betriebs-
wirtschaftliches Studium sind
gute Voraussetzungen.
Gut informierte Finanzjongleure
Aus Geld noch
mehr Geld ma-
chen – das ist im Grunde
die Aufgabe eines Börsen-
maklers. Er kauft oder ver-
kauft im Auftrag seiner
Kunden oder Arbeitgeber
Wertpapiere, mit dem Ziel
aus Kursveränderungen Ge-
winne zu erwirtschaften. Auf-
traggeber sind z.B. Banken,
Unternehmen oder Privat-
leute. Börsenmakler müssen
stets über aktuelle Entwicklun-
gen Bescheid wissen. Welches
Unternehmen hat Probleme?
In welchem Teil der Welt treten
Konl ikte auf? Wie entwickelt
sich der Ölpreis? All dies kann
Auswirkungen auf die Kursent-
wicklung einer Aktie haben.
Nachrichten zu verpassen oder
Trends falsch zu deuten kann
also teuer werden. Schon mor-
gens läuft daher der Fernseher
und werden Zeitungen oder Fi-
nanzseiten im Internet ausge-
wertet. Die weltweite Vernet-
zung der Finanzmärkte bringt
unregelmäßige Arbeitszeiten
www.handelsblattmachtschule.de/newcomer
Fotos: Kai Pfaffenbach/Reuters/Corbis (Montage); Mark Shaver/Images.com/Corbis
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4 P r ofi l
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Die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin hatten die richtige Idee zur rechten Zeit
Von PC-Tüftlern zu Millardären
Moritz Neuenroth*
Die Google-Gründer haben binnen elf
Jahren eine Studienidee zu einem der
weltweit größten IT-Unternehmen
ausgebaut. Jetzt wollen sie neue Märk-
te erobern.
amerikanischen Informations-
technologie-Unternehmen Google
kommt heute keiner mehr vorbei – we-
der Computernutzer noch die Welt-
wirtschaft. Als Informatikstudenten
haben Larry Page und Sergey Brin ihr
Unternehmen gegründet. Bereits nach
zwei Jahren war ihre Suchmaschine
die größte im World Wide Web (siehe
auch Grai k). Jetzt wollen sie mit dem
G1-Phone und dem Chrome Internet-
Browser die nächsten Märkte erobern.
Page wurde 1973 in Michigan
(USA) geboren. Schon früh interessierte
er sich für Computertechnik. Während
seines Informatikstudiums baute er
sogar einen funktionstüchtigen Dru-
cker aus Legosteinen. Brin wurde 1973
in Moskau geboren. Mit sechs Jahren
wanderte er mit seiner Familie in die
USA aus. Dort studierte er Mathematik
und Informatik.
An der Stanford Universität in Ka-
lifornien lernten sich Page und Brin
kennen – und fanden sich zunächst
unausstehlich. Schnell entdeckten sie
Google Gründer Larry Page (l.) und Sergey Brin
aber Gemeinsamkeiten und kombinier-
ten ihre Ideen. 1998 unterbrachen beide
das Doktorandenstudium, um Google
zu gründen. Als „Welthauptquartier“
diente zunächst eine Garage.
Nach und nach erweiterten Page
und Brin die Funktionen ihrer Suchma-
schine etwa durch Google Earth. Der
Börsengang im August 2004 machte die
Gründer über Nacht zu Milliardären.
Heute gehören sie zu den 35 reichsten
Menschen der Welt.
Weltweiter Marktanteil von
Internet-Suchmaschinen
Abfragen in Prozent
Sonstige
25,6
Google
(USA)
54,2
NHN Corp
(Korea)
1,7
Microsoft
(USA)
%
2,3
Baidu
(China)
Yahoo
(USA)
* Moritz Neuenroth ist wissenschaftlicher Mitar-
beiter am Institut für Ökonomische Bildung (IÖB).
7, 9
8,3
Quelle: Wirtschaftswoche November 2008; comscore.com
Wie der Vater, so der Sohn
Karl-Johan Persson übernimmt im Juli die Leitung des schwedischen Modekonzerns H&M
Chef. Mit Karl-Johan Persson steht
dann ein gerade mal 33-Jähriger an der
Spitze des zweitgrößten Modekonzerns
der Welt. Das schwedische Unternehmen
beschäftigt weltweit rund 73 000 Mitar-
beiter und ist mit 1 700 Geschäften in
33 Ländern vertreten. Die Familie Pers-
son hat bis heute die uneingeschränkte
Macht im Konzern. Karl-Johan über-
nimmt das Amt von seinem Vater. Sein
Großvater hatte H&M 1947 gegründet.
Für die Ernennung zum Firmenchef
haben aber laut Unternehmensaussa-
gen nicht nur die Familienzugehörigkeit
eine Rolle gespielt, sondern auch Pers-
sons Ausbildung und Berufserfahrung.
Er studierte an der European Business
School in London, bevor er seine Kar-
riere bei H&M startete. Dort hat er das
neue Ladenkonzept mitentwickelt und
war verantwortlich für die Ausweitung
der Geschäfte im Ausland.
* Moritz Neuenroth ist wissenschaftlicher Mitar-
beiter am Institut für Ökonomische Bildung (IÖB).
Karl-Johan Persson
Fotos: James Leynse/Corbis (Montage); Pierre Björk/H&M
www.handelsblattmachtschule.de/newcomer
H eute schon gegoogelt? An dem
Moritz Neuenroth*
A m 1. Juli bekommt H&M einen neuen
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Unternehmen und Märkte
5
Das Internet verändert eine ganze Wirtschaftsbranche
Im Netz spielt die Musik
CD- oder Plattenladen, um sich die
neuesten Alben oder Singles zu kaufen.
Heute organisieren sich Musikfans be-
gehrte Stücke oft per Brenner oder im
Internet – in der Regel gratis bei soge-
nannten Tauschbörsen. Dass das meist
illegal ist, wissen die meisten. Doch die
Gefahr, erwischt zu werden, ist noch
immer sehr gering.
Solche neuen Beschaffungswege
bescheren den Untenehmen in der Mu-
sikbranche zunehmend enorme inanzi-
elle Probleme. Wurden im Jahr 1997 in
Deutschland noch 257 Mio. Tonträger
verkauft, sind es heute nur noch knapp
150 Mio. Weltweit sank die Zahl von
etwa 3,3 Mrd. CD-Alben und -Singles
auf weniger als 2 Mrd. Die massiven
Umsatzrückgänge führten bereits
dazu, dass kleine Unternehmen pleite-
gingen und die großen Konzerne viele
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber
auch Nachwuchskünstler entließen.
Es scheint, dass die Musikbranche
zu spät auf den technischen Wandel re-
agiert hat. Schon als sich die Verän-
derungen abzeichneten, gingen viele
Manager noch davon aus, dass Musik-
freunde dennoch bis in alle Ewigkeit
klassische Tonträger kaufen würden.
Als dann das gesamte Ausmaß deut-
lich wurde, war guter Rat teuer. Erst
langsam begann die Industrie sich an-
zupassen und beispielsweise eigene On-
lineangebote aufzubauen.
Mittlerweile hat sich der gesamte
Wirtschaftszweig „Musik“ stark gewan-
delt. Der CD-Laden von nebenan ist in
vielen Städten verschwunden. Die On-
lineverkaufszahlen wachsen zwar, ma-
chen aber immer noch einen geringen
Anteil am Gesamtumsatz aus. Das grö-
ßere Stück vom Kuchen ist auf anderen
Märkten zu holen: So ist das Handy zum
alltäglichen Musikabspieler geworden,
und Musikvideospiele wie „Sing Star“
und „Guitar Hero“ boomen.
Was jedoch am meisten über-
rascht: Trotz des digitalen
Zeitalters sind traditio-
nelle Konzerte und
Musikfestivals erstaunlich beliebt
bei den Fans. Das freut nicht nur die
Konzertveranstalter und die Künstler.
Tourten Musiker früher durch die Lan-
de, um ihre CD-Verkäufe anzukurbeln,
wird heute mit dem Live-Erlebnis und
dem Verkauf von Fanartikeln das große
Geld verdient. So wirkt der umfassende
Strukturwandel (siehe Seite 8) stellen-
weise wie eine Rückkehr zu altbekann-
ten Traditionen.
* Michael Koch ist wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Institut für Ökonomische Bildung (IÖB).
Kommentar von
H.-P. Siebenhaar*
Musik muss die Grauzone des illegalen
Kopierens im Internet verlassen. Und die
Plattenirmen müssen endlich wieder zu
Künstlern abseits der Masse inden. Die
heutigen Möchtegern-Kreativen haben
längst nicht mehr die weltweite Anzie-
hungskraft wie einst die Beatles oder
Abba. Mit Taltentshows wie „Deutsch-
land sucht den Superstar“ produziert
die Branche vielleicht lukrative Eintags-
liegen, aber keine Stars, die eine ganze
Branche aus der künstlerischen Depres-
sion reißen können. Aber auch ökono-
misch ist die Sorge groß. In ihrer Not
holen Musikkonzerne Altstars wie die
Hard-Rocker AC/DC oder die Rockröhre
Bruce Springsteen aus der Versenkung.
Ob das hilft?
Solange die Branche immer noch fast 90
Prozent ihres Umsatzes mit der CD und
nicht im Internet erzielt, wird sie das Tal
der Tränen nicht verlassen.
* Dr. Hans-Peter Siebenhaar ist
Medien-Redakteur beim Handelsblatt.
Sorgenkind
Musikbranche
Bis in die 1990er-Jahre war die Musik
gleich auf mit Boombranchen wie Fern-
sehen und Zeitschriften. Das haben das
Internet und die damit verbundene Pira-
terie radikal verändert. Heute ist die Mu-
sik das Sorgenkind der Medienbranche.
www.handelsblattmachtschule.de/newcomer
Illustration: Images.com/Corbis (Montage); Foto: Judith Wagner/Handelsblatt
Michael Koch*
Die Menschen hören heute mehr Mu-
sik denn je. Dennoch verdienen viele
Unternehmen in der Musikbranche
weniger Geld.
V or zehn Jahren ging man in den
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Zgłoś jeśli naruszono regulamin