Ritter Roland - 01 - Ekkehart Reinke - Das Turnier von Xanten.pdf

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Das Turnier von Xanten
von Ekkehart Reinke
scanned by : horseman
kleser: Larentia
Version 1.0
Das große Turnier von Xanten hat begonnen! Die edelsten
Ritter des Landes erproben ihre Kräfte in spannenden
Zweikämpfen. Begeistertes Volk jubelt ihnen zu.
Anerkennend nicken hohe Würdenträger, und schöne
Damen lächeln verheißungsvoll.
Zu dieser Zeit ist Roland noch ein bartloser Jüngling.
Ein unbekannter Anfänger, ein Niemand.
Wer sollte auch ahnen, daß die Geschichte ihn einmal
als den hervorragendsten Helden seines Zeitalters feiern
und ihm den ehrenvollen Beinamen »Der Ritter mit dem
Löwenherzen« verleihen wird?
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Noch ist Roland nur einer der drei Schildknappen des
Ritters Sigurd. Dieser erfahrene Mann ist zu seinen Leuten
milde wie ein Vater, doch wild wie ein Tiger im Kampf und
feurig wie ein Vulkan in der Liebe! Roland verehrt ihn
glühend. Doch vom Kampf versteht er noch wenig und
von der Liebe gar nichts.
Das wird sich bald ändern ... Als Sigurds Stern in
schwindelnde Höhen steigt, um jählings zu erlöschen ... In
diesem Augenblick setzt Rolands erstes Abenteuer ein.
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Der Tag, an dem Reginhar den Tod fand, begann mit einer freudigen
Überraschung.
Als er in der Frühe eine aufgewärmte Rindersuppe löffelte, trat der
Wirt der Herberge an ihn heran und räusperte sich mehrmals.
Reginhar sah auf. Der Wirt verbeugte sich ungelenk.
»Hoher Herr, Euer Pferd ist völlig erschöpft. Es braucht mehrere
Tage Erholung. Sonst wird es nach wenigen Meilen lahmen!«
»Aber ich muß spätestens morgen in Xanten sein.«
Der Wirt lächelte und zeigte auf das schmale Fenster. »Wenn Ihr
einmal nach draußen schauen wollt...«
Draußen führte der Stallbursche einen schwarzen Araberhengst am
Zügel. Reginhar beobachtete das Spiel der Muskeln unter der
seidigen Haut, sah die schmalen Fesseln, die hohe Kruppe, die klug
aufgestellten Ohren, die langen Beine. Der Hengst war ein geborener
Renner!
»Mit den besten Empfehlungen von...«, sagte der Wirt und nannte
den Namen eines Ritters aus der Umgebung. »Wenn Ihr ihn
gelegentlich beim König erwähntet...«
»Natürlich, das werde ich tun«, sagte Reginhar laut. Oder auch
nicht, dachte er. König Artus haßte jede Günstlingswirtschaft. Wozu
ihm mit solchen Lappalien kommen?
Der Araber hörte auf den Namen »Rih«. Jeder Kreuzritter kannte
das Wort. Es hieß - der Wind. Rih war gleichbedeutend mit
Schnelligkeit.
Den ganzen Tag über - seinem letzten auf dieser Erde - war
Reginhar in Hochstimmung. Nach kurzer Zeit der Eingewöhnung
erwies sich Rih als Traumpferd. Es trug ihn im fließenden Galopp
durch das frühlingsschöne Land, doppelt so schnell wie die Klepper,
die er in den ersten zwei Wochen seiner Reise geritten hatte.
Gegen Abend stürmten sie, die untergehende Sonne im Rücken,
einen lichten, sanft abfallenden Waldpfad entlang, der allmählich
zum Hohlweg wurde. Jeden Augenblick mußte die Stadt Xanten vor
ihnen auftauchen.
Der Hohlweg wurde schmaler und tiefer. Laub vom vergangenen
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Jahr raschelte unter den Hufen. Rih schnaubte und ging nur im
Schritt. Seine Flanken zitterten. Lange Schatten verdüsterten das
Bild. Doch Reginhar spürte keine Bedrohung. Er schwelgte in
Vorfreude. Der Turnierfürst würde ihn begeistert empfangen. Er
dachte an ein herrliches Festmahl, und das Wasser lief ihm im
Munde zusammen.
Da schob sich von der Seite ein Reiter in den Weg, und eine Lanze
stoppte Rihs Schritt.
»Gebt den Weg frei, wer Ihr auch seid!« rief Reginhar zornig. »Ich
bin ein Herold des Königs!«
»Das sehe ich«, entgegnete der düstere Ritter mit der Lanze. »Ihr
tragt ja das Heroldshemd und keinerlei ritterliche Waffen. Sagt an:
Was für Kunde bringt Ihr von Artus?«
»Das werde ich morgen beim Turnier in Xanten bekanntgeben.«
»Ach, wirklich?« Blitzschnell vergewisserte sich der fremde Ritter,
der einen dunklen Schild ohne Wappen in der Linken hielt, daß der
Herold wirklich waffenlos war. »Ich rate Euch gut. Sagt mir Eure
Kunde, wenn Euch Euer Leben lieb ist!«
Da wußte Reginhar, daß es Ernst wurde, und er spürte die Nähe
des Todes. Die Drohung war ungeheuerlich, denn niemand durfte
einen Herold antasten. Aber von diesem düsteren Mann ging eine
seltsame Spannung aus. Reginhar war wie gelähmt. All sein Mut
verließ ihn. Seine sonst so metallische, weithin tragende
Heroldsstimme klang brüchig, als er dem Fremden seine Botschaft
enthüllte. Sie war kurz, streng gefaßt, bedeutungsvoll für die
Ritterschaft und voll Weisheit. Der düstere Mann hob die Lanze und
stieß einen Ruf der Überraschung aus.
Dann gab er den Weg frei. »Reitet weiter, Herold«, befahl er.
»Gebt Eurem Araber die Sporen! Diese Botschaft duldet kein
Verweilen. Lebt wohl!«
Reginhar seufzte erleichtert und klopfte dem Araber den Hals. Mit
einem Schenkeldruck forderte er das edle Tier zum Angaloppieren
auf. Rih gehorchte unverzüglich. Als Reginhar an dem düsteren
Ritter vorbei war, stieß der ihm die Lanze von hinten in die linke
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